Was sind Teilentladungen?

Bei Teilentladungen handelt es sich um örtlich beschränkte elektrische Entladungen, welche die Isolierung zwischen Leitern nur teilweise überbrückt und welche angrenzend an einem Leiter auftreten kann, aber nicht muss (aus der Norm IEC 60270). Die Teilentladungen treten an Hochspannungsleitungen, in Wicklungen und anderen elektrischen Geräte auf. Teilentladungen können aufgrund von Fehlern in Wicklungen durch fehlerhafte Lackdrähte, Lufteinschlüsse beim Vergießen, Isolationsfehler o.ä. auftreten.

Abb. 1: Gleit- oder Oberflächenentladungen bei der Hochspannungsprüfung (AC)
Abb. 2: Teilentladungen bei der Stoßspannungsprüfung

 

Wie werden Teilentladungen erzeugt?

Auf einen Prüfling (z.B. Statoren, Rotoren oder fertige Motoren) wird ein Hochspannungsimpuls gegeben um potentiell auftretende Teilentladungen zu ermitteln. Die Messung der Teilentladung von Wicklung gegen Körper (Gehäuse) kann mit einem Hochspannungsprüfgerät von SPS electronic erfolgen. Für die Teilentladungsmessung von Wicklung gegen Wicklung (und Körper) wird ein Stoßspannungsprüfgerät verwendet.

Was wird gemessen?

Eine Teilentladung erzeugt hochfrequente Spannungen und Funkstrahlen. Parallel zur Messung der Prüfspannung können entweder leitungsgebunden die hochfrequenten Spannungsanteile gemessen werden oder über eine Antenne die Funkstrahlung. Beide Verfahren werden von SPS electronic angeboten und sind störungsfrei durch schmalbandige und aktive Messtechnik. Sie können also sowohl in Labor- als auch in Fertigungsumgebungen ohne Einschränkungen genutzt werden.

Messung End-of-Line

In der Stückprüfung wird zunächst die Prüfspannung ermittelt. Für die Serienprüfung vieler Prüflinge wird häufig nur noch bei dieser ermittelten Spannung und mit weniger Spannungsimpulsen getestet. Die Reduzierung der Stufen und Impulsen erfolgt, um zu hohe Belastungen bei dem Endprodukt zu vermeiden. Während in der Vergangenheit diese Prüfungen, aufgrund der langen Taktzeit, für die Serienproduktion nur wenig geeignet war, ist dies, durch die Verwendung von SPS electronic Prüftechnik, nun möglich. Durch die erhebliche Reduzierung der Prüfzeit, sind auch EOL-Messungen im großen Maßstab möglich!

Messergebnis

Das Messergebnis wird logarithmisch in Millivolt (mV) ausgegeben. Eine Verdoppelung der Teilentladungsspannung von 50 mV auf 100 mV entspricht einer Verzehnfachung der Entladungsenergie (eine weitere Verdopplung von 100 mV auf 200 mV entspricht wieder einer Verzehnfachung). Das Grundrauschen mit Antenne liegt (je nach Umgebung) typischerweise bei 30 mV bis 50 mV, mit der Leitungskopplung liegt das Grundrauschen typischerweise bei 180 mV bis 230 mV. Der Schwellenwert für die Erfassung als Teilentladungen sollte (Festlegung vom Kunden) ca. 20 mV bis 50 mV oberhalb des Grundrauschens liegen.

Warum nicht in Picocoloumb messen

Die Messung der Teilentladungen in Coloumb ist für "verdrillte Leiterpaare", wenn die Ersatzkapazität Cs wesentlich kleiner als der Erfassungskondensator Cd ist, sinnvoll und nur in der Norm IEC 60270 für Teilentladungen gefordert. Allerdings verzichten praxisrelevante Normen für Wicklungsgüter (z.B. IEC/TS 60034-27-5 und IEC 61934) auf die Messung in Picocoloumb, da die elektrische Ladung nicht sinnvoll gemessen werden kann. Die Messung der elektrischen Ladung in Coloumb führt zu Ungenauigkeiten und entsprechenden Schwierigkeiten beim Vergleichen.

Aussagekräftiger als die Ladungsenergie ist, in der Praxis, die Höhe der Einsetz- (PDIV) und Aussetzspannung (PDEV). Je höher die Spannungen sind, desto besser ist die Isolierung.

Warum eine aktive Messung zu bevorzugen ist

Durch aktive Antennen (MW 40) und aktive Leitungskopplung (HW 40) wird die Genauigkeit der Messung erhöht, die Empfindlichkeit durch Störgrößen reduziert, das Einsatzspektrum vergrößert und die Leitungslänge zum Prüfgerät darf größer werden.

Aktive Antenne im Vergleich zur aktiven Leitungskopplung

Die Mikrowellenantenne arbeitet im Bereich von 1,57 GHz (GPS-Frequenz), da in diesem Frequenzbereich keine elektronischen Geräte stören dürfen. Die aktive Antenne verarbeitet das Signal schon im Antennenkopf, so dass die Genauigkeit erhöht wird und die Leitungslänge zum Testsystem beliebig lang sein kann. Die Messung mit einer Antenne ist nur an offenen Statoren sinnvoll. An geschlossenen Statoren (zusammengebauten Motoren) wird die aktive Leitungskopplung verwendet. Die Messung mit Leitungskopplung ist empfindlicher, hat allerdings ein höheres Grundrauschen und es sind nur Frequenzen im Bereich bis 400 MHz auswertbar.

Messverfahren nach IEC 61934

Da Teilentladungen kein 100% reproduzierbares Ereignis sind, wurde in der Norm IEC 61934 ein Messverfahren in Verbindung mit Surge-Impulsen definiert, um durch Teilentladungsmessungen die Isolationsgüte von Wickelgütern zu bestimmen. Dazu wird nicht nur ein Stoßimpuls ausgewertet, sondern eine ganze Reihe von Stoßimpulsen mit unterschiedlichen Spannungen.

Die Norm IEC 61934 schlägt vor, mit 10 Impulsen je Spannung zu arbeiten. Zunächst wird die Prüfspannung immer weiter erhöht. Sobald das erste Mal eine Teilentladung auftritt, wird diese Spannungshöhe als Teilentladungseinsetzspannung (PDIV) festgehalten. Die Prüfspannung wird danach weiter erhöht bis 50% der Surge-Impulse Teilentladung erzeugen. Diese Spannung wird die wiederholte Teilentladungseinsetzspannung genannt (RPDIV). Nun wird die Spannungshöhe der Surge-Impulse wieder gesenkt. Wenn bei weniger als 50% der Surge-Impulse Teilentladungen detektiert werden, wird dieser Wert als wiederholte Teilentladungsaussetzspannung (RPDEV) festgehalten. Sobald bei einer Spannungshöhe keine Teilentladungen mehr registriert werden, ist die Teilentladungsaussetzspannung erreicht (PDEV) und die Prüfung wird beendet.

Mit diesen vier Kennwerten ist die Isolation der Wicklung eindeutig qualifiziert und können für die Fertigung mit Toleranzen versehen werden. Vor allem bei Wickelgütern, die im Einsatz steilen Schaltflanken ausgesetzt sind, hat die Prüfung nach IEC 61934 einen hohen Stellenwert, da potentielle Frühausfälle in der Fertigung entdeckt werden, die mit anderen Verfahren nicht zu entdecken sind.